Ausstellung

Goethe-Souvenirs

28. August 1999 - 9. Oktober 1999
im Eingangsbereich der Universitätsbibliothek Siegen,
Adolf-Reichwein-Straße 2

Eröffnungsveranstaltung und Goethe-Geburtstagsfeier:
Samstag, den 28. August 1999, 11 Uhr

                           

karl riha
 
zur geburt - vor 250 jahren

aha, noch ist der muttermund zu
doch ich arrangiere schon mal das interview
da, die mutter gerät in schweiß
es kündigt sich an: eine geburt per steiß

herr goethe, frag ich, Sie erwarten
hier doch wohl keinen edens garten
ich sag's grad heraus, ist es auch fies
es führen andere wege ins paradies

bis zum von im namen fließt noch etwas zeit
nun ja, ich sehe: Sie sind bereit
trotz allem in diese welt zu treten

ich sehe den vater ein dankgebet beten
rascher als gedacht ist die geburt vorbei
da hör ich auch schon den ersten schrei

   

 

Man kann derzeit keine Zeitung aufschlagen, kein Radio und keinen Fernseher anschalten, ohne daß man fast täglich darauf aufmerksam gemacht wird, daß wir uns im Jahr des zweihundertfünfzigsten GOETHE-Geburtstags befinden. Diesem Jubiläums-Druck konnten auch wir uns nicht entziehen, doch legen wir Wert auf die Feststellung, daß wir ihm nicht einfach zum Opfer gefallen sind, sondern uns bewußt für GOETHE als Thema für eine Ausstellung entschieden haben, stellte sich doch rasch heraus, daß sich mit diesem Jubel-Geburtstag nicht nur denkwürdige, sondern auch recht merkwürdige Beobachtungen verbinden. Es steht zu befürchten, daß ihn der Klassiker nicht unbeschädigt überstehen wird. Zwar hat es seine lange Tradition, daß man Straßen nach GOETHE benennt, daß sich Apotheken und Schulen seinen Namen leihen, ja sogar eine Universität, wie das Frankfurter Beispiel zeigt. Die kulturellen Auslandsvertretungen Deutschlands sind fest mit dem Namen GOETHE verbunden - doch darüber geht man heute weit hinaus, wenn man den Weimarer Dichterfürsten wie einen Markenartikel traktiert und ausbeutet. Tourismus-Firmen fordern zur Teilnahme an GOETHE-Reisen auf, die zu den unterschiedlichsten Orten führen, die mit dem Namen des Dichters verbunden sind, um sich dort mit GOETHE-Souvenirs einzudecken: mit GOETHE-T-Shirts zum Beispiel, mit GOETHE-Krawatten, mit GOETHE-Wein, GOETHE-Kaffeetasse, GOETHE-Armbanduhr, GOETHE-Schirm, GOETHE-Schnuller und was der Einfälle mehr sind. Stadtmarketing und Kulturmanagement entdecken im Portrait GOETHES ein augenfälliges Signet für Festival-Veranstaltungen, Theateraufführungen, Ausstellungen - und die Bücherproduktion der Verlage wittert einen Boom, der die seltsamsten Blüten treibt. Wir setzen darauf, daß sich in der skizzierten Situation, die einem Ausverkauf gleichkommt, doch auch neue Möglichkeiten der GOETHE-Rezeption bieten, die auf ihre Weise zeigen, daß das Interesse, das sich mit seinem Namen verbindet, tatsächlich noch nicht erschöpft und für Überraschungen gut ist.

 

Karl Riha

 

 

 

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